Inkontinenz des Mannes

Was bedeutet Harninkontinenz?

Inkontinenz ist die Unfähigkeit des Körpers, den Blaseninhalt sicher zu speichern und selbst zu bestimmen, wann und wo er entleert werden soll. Ein unwillkürlicher Urinverlust ist die Folge.

Noch heute stellt das Vorliegen einer Inkontinenz oft ein Tabuthema für den Betroffenen dar, obwohl häufig sehr einfache und effiziente Therapiemöglichkeiten bestehen, welche zu einer Heilung oder zumindest deutlichen Verbesserung der Beschwerden führen. Die Ursachen der Inkontinenz können sehr komplex sein, so dass in der Regel ein Facharzt die Abklärung der Ursachen und die Entscheidung, welche Therapie die geeignete ist, übernehmen sollte.

Welche Untersuchungsmöglichkeiten stehen zur Abklärung einer Inkontinenz zur Verfügung?

Die Abklärung einer Inkontinenz sollte speziell geschulten Ärzten vorbehalten sein, insbesondere um falsche bzw. verzögerte Therapieoptionen zu vermeiden. Als grundlegende Untersuchungsverfahren sind immer nötig:

  • Ausführliche Anamneseerhebung
  • Körperliche Untersuchung einschließlich einer Inspektion des Genitale
  • Urinuntersuchung
  • Ultraschalluntersuchung der Nieren, der Blase, des Restharns, ggf. rektale Ultraschallmessung
  • Harnflussmessung

Erweiterte Untersuchungsmethoden stehen bei speziellen Fragestellungen zur Verfügung:

  • Harnblasenspiegelung
  • Urodynamik (Blasendruckmessung)
  • Röntgendarstellung der Blase
  • Kernspintomographie der Beckenorgane

Welche Formen der Harninkontinenz gibt es und wie können diese therapiert werden?

Belastungsinkontinenz (=“Stressinkontinenz“)

Diese sehr häufig vorliegende Inkontinenzform zeichnet sich in der Regel durch einen Urinverlust beim Heben, Husten, Niesen oder Lachen aus. Der Urin geht oft in Spritzern ab, da der Verschlussmechanismus der Harnröhre geschädigt ist. Ursache beim Mann ist meist Folge einer vorangegangenen Prostataoperation (z.B. „radikale Prostatektomie“), bei der der Harnröhrenschließmuskel in Folge der Operation nicht mehr optimal die Harnröhre verschließt. Diesbezüglich stehen heutzutage sehr effiziente Therapiemöglichkeiten zur Verfügung, die sich von konservativen Heilungsverfahren (Beckenbodengymnastik, Medikamente) bis hin zu operativen Maßnahmen („bulking agents“, künstlicher Schließmuskel (artifizieller Sphinkter)) erstrecken.

Die Möglichkeiten der Therapie sind:

  • Beckenbodengymnastik
  • Elektrostimulation der Beckenbodenmuskulatur
  • Medikamente (z.B. Duloxetin®)

Operative Verfahren beim Mann:

  • Bandplastiken (Advance®-Band, Argus®-Band)
  • Implantation künstlicher Harnröhrenschliessmuskel (artifizieller Sphinkter(AMS800), ATOMS®-System)
Überlaufinkontinenz

Ein unwillkürlicher Urinverlust bei voller Blase wird als Überlaufinkontinenz bezeichnet. Die Hauptursache ist hierbei die gutartige Vergrößerung der Prostata, aber auch eine Zuckerkrankheit oder Nervenerkrankungen können zu einer Überlaufinkontinenz führen. Um Spätfolgen wie Harnwegsinfektionen oder Nierenfunktionseinschränkungen bzw. Nierenversagen vorzubeugen, wird auch hier die Vorstellung beim Facharzt dringend empfohlen. Häufig muss die Ursache, z.B. bei einer Prostatavergrößerung, durch eine Katheterableitung der Blase oder eine Operation therapiert werden (z.B. TUR-Prostata oder HOLEP).

Neurogene Blasenspeicher- und -entleerungsstörung

Diese Erkrankung ist zumeist Folge von Schädigungen des Gehirns, des Rückenmarks oder anderen, die Harnblase versorgenden Nerven. Hierbei können diverse Grunderkrankungen als Ursache vorliegen, wie z.B. eine traumatische Querschnittlähmung, Bandscheibenvorfälle, ein Schlaganfall, Morbus Parkinson, Multiple Sklerose (Encephalitis disseminata), vorangegangene Operationen im Beckenbereich, Spina bifida (Myelomeningocele) und vieles mehr.

Bei diesen oft sehr komplexen Krankheitsbildern empfiehlt es sich unbedingt eine engmaschige und regelmäßige fachurologische Mitbetreuung zu gewährleisten. Durch spezielle Diagnostik (wie z.B. Blasendruckmessungen (Urodynamik) und Röntgenkontrastmitteluntersuchungen der Nieren und Blase) und Therapie lassen sich heutzutage schwerwiegende Spätschäden vermeiden.